#37 Lösungsorientierte Kommunikation - Wie du dein Team unterstützt, Lösungen zu finden - ohne alles selbst vorzugeben

Fühlst du dich manchmal wie die Dauer-Anlaufstelle für alle Probleme in der Praxis? In dieser Folge erfährst du, wie du mit lösungsorientierter Kommunikation dein Team stärkst, Verantwortung abgibst und trotzdem nah dran bleibst - ohne ständig selbst alle Antworten liefern zu müssen.

 
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Lösungsorientierte Kommunikation in der Therapiepraxis

Wie dein Team eigene Antworten findet

Kommt dir das bekannt vor?

Eine Kollegin kommt zu dir: "Frau Müller hat alle Termine für die nächsten zwei Wochen abgesagt - was machen wir jetzt?"

Zack. Sofort schießt dir eine Lösung durch den Kopf. Du weißt genau:

  • Lisa könnte Überstunden machen

  • Die Schmidts lassen sich um zwei Tage verschieben

  • Der Dienstagstermin passt perfekt bei Anna rein

Du antwortest in 30 Sekunden. Problem gelöst!

Warum du als Praxisinhaber*in so schnell im Lösungsmodus bist

Wenn ich mit Praxisinhaber*innen arbeite, höre ich das immer wieder: "Ich springe sofort in den Lösungsmodus. Kaum sagt jemand ´Ich habe ein Problem', rattert mein Kopf schon los."

Stell dir vor: Du sitzt in deinem Büro, rechnest ab. Die Tür geht auf. Eine Mitarbeiterin kommt rein: "Ich weiß nicht weiter..."

Binnen 3 Sekunden bist du im Analyse-Modus:

  • Du hörst das Problem

  • Du erkennst das Muster ("Ach, das hatten wir schon mal")

  • Deine 15 Jahre Praxiserfahrung liefern dir sofort 2-3 Lösungen

Das ist total verständlich! Du willst:

  • dass es in deiner Praxis läuft

  • dass sich dein Team wohlfühlt

  • dass Patient*innen gut versorgt sind

  • dass nichts unnötig kompliziert wird

Und ja - du hast oft den Überblick. Du kannst schnell helfen.

Das Problem: Wenn du es immer machst, bleibt die Verantwortung bei dir hängen. Dein Team entwickelt sich nicht weiter. Und du wirst zur Dauer-Anlaufstelle für jedes kleine Drama.

Deshalb zeige ich dir heute 3 konkrete Strategien für lösungsorientierte Kommunikation in der Therapiepraxis.

Das Ergebnis: Du entlastest dich als Praxisinhaber*in. Dein Team wird stärker. Let's go!

Lösungsorientierte Kommunikation: Die 3-Stufen-Methode für Mitarbeitergespräche

Stufe 1: Erkenne deinen Lösungs-Reflex im Mitarbeitergespräch

Der erste Schritt: Beobachte dich selbst.

Wenn jemand mit einem Problem zu dir kommt, achte darauf: Wie schnell denkst du "Ach, das ist doch ganz einfach..."?

Probier dieses innere Signal aus: "Ah, interessant - da will ich gerade sofort eine Lösung vorschlagen. Moment mal..."

Du musst den Reflex nicht unterdrücken. Du bemerkst ihn nur bewusst.

Stufe 2: Pausiere bewusst - der Schlüssel für lösungsorientierte Kommunikation

Das ist der schwierigste Teil: Nicht sofort antworten.

Du musst einen Moment aushalten, in dem du den Raum offen lässt. Statt ihn gleich mit deinen Lösungen zu füllen.

3 Sätze, die dir helfen:

  • "Lass mich kurz überlegen - was hast du selbst schon durchdacht?"

  • "Was wäre denn dein erster Impuls?"

  • "Bevor ich etwas sage - was glaubst du, könnte ein nächster Schritt sein?"

Das ist keine rhetorische Spielerei. Du signalisierst: Ich traue dir zu, mitzudenken. Ich bin da - aber ich nehme dir nicht alles ab.

Stufe 3: Führungskommunikation durch gezielte Fragen

Im nächsten Abschnitt erfährst du, wie du gezielte lösungsorienierte Fragen nutzen kannst, um dein Team mit ins Boot zu holen.

3 typische Praxis-Situationen: So funktioniert lösungsorientierte Kommunikation

Hier wird es konkret. Drei Situationen aus dem Therapiepraxis-Alltag - und wie du sie anders angehen kannst:

Situation 1: Der Therapie-Ausfall

Das Problem: Deine Mitarbeiterin sagt: "Frau Müller hat ihre Termine für zwei Wochen abgesagt - was machen wir mit dem Plan?"

Dein Kopf rattert sofort: "Lisa kann Überstunden machen, die Schmidt-Termine schieben wir, und bei Frau Neumann passt Dienstag perfekt..."

Du fragst stattdessen:

  • "Was hast du schon überlegt?"

  • "Welche Idee hast du, wie wir die Termine auffangen?"

  • "Wem aus dem Team traust du zu, da mitzuhelfen?"

Was passiert: Sie denkt mit, entwickelt eigene Lösungen, übernimmt Verantwortung für die Umsetzung.

Situation 2: Unsicherheit im Elterngespräch

Das Problem: "Ich hatte vorhin wieder eine Mutter, die sehr fordernd war - ich wusste gar nicht, wie ich reagieren soll..."

Dein Kopf will sofort: "Bei solchen Eltern musst du klare Grenzen ziehen. Du sagst einfach: Frau Müller, ich verstehe Sie, aber..."

Du fragst stattdessen:

  • "Was genau hat dich überfordert?"

  • "Wann hast du dich in Elterngesprächen sicher gefühlt?"

  • "Was wäre dir wichtig für das nächste Gespräch mit ihr?"

Was passiert: Sie reflektiert selbst, entwickelt ihre professionelle Haltung, wird sicherer im Umgang.

Situation 3: Kommunikationsproblem im Team

Das Problem: "Ich weiß nicht, wie ich das mit Anna ansprechen soll - das nervt mich total..."

Dein Kopf will sofort: "Du gehst zu ihr und sagst..."

Stattdessen fragst du:

  • "Was genau stört dich?"

  • "Was bräuchtest du, um das anzusprechen?"

  • "Wie könnte ein erster Satz lauten?"

  • "Was glaubst du, was passieren würde, wenn du es offen ansprichst?"

Was passiert: Sie klärt für sich, was sie will, traut sich den direkten Weg zu und löst den Konflikt selbst.

Dein Fragen-Toolkit für verschiedene Situationen

Wenn du den Perspektivwechsel fördern willst:

  • "Was würde Anna dazu sagen?"

  • "Was würde dir dein Zukunfts-Ich raten?"

  • "Wie siehst du das aus Patientensicht?"

Wenn du Eigenverantwortung stärken willst:

  • "Was ist dein nächster kleiner Schritt?"

  • "Was liegt in deinem Einflussbereich?"

  • "Was könntest du heute noch tun?"

Wenn du Prioritäten klären willst:

  • "Worum geht's dir hier am meisten?"

  • "Was ist dein übergeordnetes Ziel?"

  • "Was wäre am wichtigsten zu klären?"

Mini-Coaching für dich: 4 Reflexionsfragen

Damit du lösungsorientierte Kommunikation in deinen Praxis-Alltag integrierst frage dich doch mal:

✅ In welchen Situationen bin ich besonders schnell mit Lösungen zur Stelle? (Zeitdruck? Bestimmte Mitarbeiter*innen? Wiederkehrende Probleme?)

✅ Was treibt mich da - Verantwortung, Zeitdruck, Kontrolle,…?

✅ Was könnte ich beim nächsten Mal stattdessen fragen?

✅ Bei welcher Situation will ich es diese Woche ausprobieren?

Das Ergebnis: Wie lösungsorientierte Kommunikation deine Praxis verändert

Wenn du anfängst, mehr zu fragen statt zu antworten, verändert sich deine Kommunikation mit dem Team grundlegend. Dein Team übernimmt mehr Verantwortung. Sie kommen nicht nur mit Problemen, sondern auch mit ersten Lösungsideen. Du entlastest dich als Praxisinhaberin. Weniger Unterbrechungen, weniger "Chef*in für alles"-Momente. Die Mitarbeitergespräche werden effektiver. Gespräche entwickeln sich von "Ich hab ein Problem" zu "Ich hab eine Idee, was meinst du?" Deine Mitarbeiter*innen wachsen. Sie entwickeln eigene Problemlösungskompetenz, werden selbstständiger. Das heißt nicht, dass du weniger führst. Du kommunizierst bewusster. Auf Augenhöhe. Mit lösungsorientierter Praxisführung, die auf Vertrauen basiert.

Starte heute: Lösungsorientierte Kommunikation in deiner Praxis

Lösungsorientierte Kommunikation ist kein kompliziertes Konzept. Es ist eine Haltung für moderne Praxisführung: Ich traue meinem Team zu, mitzudenken.

Probier es diese Woche aus: Wenn jemand mit einem Problem kommt, halte kurz inne. Stell eine Frage, statt sofort eine Antwort zu geben.

Du wirst überrascht sein, wie viele gute Ideen dein Team hat - wenn du ihnen den Raum dafür gibst.

Auf dich und die Weiterentwicklung deiner Praxis!

Deine Ina


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